Jedes Jahr erfreut sich eine Veranstaltungen des Brandenburger Hunting Clubs (BHC) besonderer Beliebtheit: der seit 10 Jahren ausgerichtete Jagdreiterlehrgang auf dem Gestüt am Pichersee im Dorf Köthen im Spreewald. Er fand vom 31. Juli bis 4. August, in der letzten Schulferienwoche, statt. Schon lange im Voraus waren Boxen und Betten ausgebucht.
Foto: Angelika Gruhn-Elsner
In diesem Jahr zählte man 43 Lehrgangsteilnehmer, die aus Berlin, dem hauptstadtnahen Brandenburger Umland sowie aus der Uckermark, Hamburg und Regensburg mit ihren Pferden anreisten. Jüngster Teilnehmer war in diesem Jahr der 11-jährige Moritz auf Pony Zara (13), ältester Teilnehmer der 71-jährige ehemalige Springreiter Dr. Ulrich Stratmann auf Candur (16).
Ebenso unterschiedlich wie das Alter der Reiter war das Wissen der Teilnehmer über das Jagdreiten: Während Clubmaster und Lehrgangs-Organisator Bernd Schiel auf etwa 400 Schleppjagden in 22 Jahren zurückblicken kann und damit wohl als erfahrenster Jagdreiter östlich der Elbe gilt, war bei den sieben Neulingen zunächst leichte Nervosität zu spüren. Die verflog jedoch schnell, denn die Einteilung der 43 Teilnehmer in 10 Gruppen gewährte eine auf das jeweilige Können ausgerichtete, individuelle Betreuung aller Reiterinnen und Reiter.
Ihnen stand ein erfahrenes Trainerteam zur Verfügung: Dr. Kajo Busch, Harald Fechner, Jennifer Krüger, Uwe Plank und Kathleen Rosenstiel – sie alle gehören in den Disziplinen des Jagd- und Vielseitigkeitsreitens zur Riege der erfolgreichen Pferdesportler und Trainer der Region.
Das Gestüt bot durch seine Lage am Pichersee inmitten von Kiefernwäldern trotz Temperaturen bis zu 32 Grad ein ideales Umfeld für Pferd und Reiter.
Auf dem Trainingsgelände, dem nahegelegenen Naturspringplatz mit 30 festen Hindernissen, ging glücklicherweise stets ein milder (wenn auch heißer) Luftzug. Hier wurde das korrekte Anreiten und Überwinden von festen Hindernissen, Gräben sowie Ein- und Tiefsprüngen in Kleingruppen sorgfältig geübt. Eine besondere Herausforderung fand sich am breiten Wassergraben: Die Trainer ließen darin gelbe Plastikentchen baden, die es furchtlos zu überspringen galt.
Trotz der Hitze konnte im schattigen Wald guten Gewissens der Gruppengalopp mit Tempo- und Positionswechsel sowie das fürs Jagdreiten so wichtige Entfernen und Annähern geübt werden. Während die routinierten Jagdpferde diese Übungen gelassen und teils auf den Punkt genau absolvierten, brauchten die noch unerfahrenen und jungen Pferde mitunter führungsstarke und sehr aufmerksame Reiter.
Die Attraktivität des fünftägigen Lehrgangs lag neben dem Geländetraining in der theoretischen Schulung. Trainer Busch analysierte kenntnisreich und anschaulich Sitz und Einwirkung des Reiters auf sein Pferd. Master Schiel vermittelte eloquent die theoretischen Grundlagen des Jagdreitens, nämlich: seine Geschichte, sein Brauchtum, Hörnersignale sowie Kenntnis über die Reitjagdordnung. Deren Regeln werden unter anderem bei der angebotenen Prüfung fürs Jagdreitabzeichen Stufe 1 und Stufe 2 abgefragt.
Aufmerksam verfolgten die Teilnehmer und eine Schar von Gästen auch die Vorträge der Tierärztin Susanne Schuppelius über Erste Hilfe beim Pferd und des Kinderarztes Dr. Victor von Arnim über Erste Hilfe am Menschen. Dabei konnte man wahrlich Lebenswichtiges lernen, etwa dass die Herzdruckmassage zur Wiederbelebung zum Rhythmus des Bee-Gees-Discoklassikers „staying alive“ erfolgen sollte.
Die Teilnehmer konnten ihr reiterliches Können erstmals publikumswirksam in der Hunter´s Challenge – einem Gruppengeländeritt Klasse E – unter Beweis stellen. Das Richterteam mit Angelica Gräfin von Arnim erfreute sich dabei besonders an der Jugendgruppe sowie am Siegerteam mit Christian von Hammerstein, Kathleen Rosenstiel und Dr. Carl-Stephan Schweer. Bewertet wurden bei der Prüfung Harmonie der Gruppe, Sitz und Einwirkung, Rittigkeit der Pferde, Springvermögen sowie Einhalten des vorgegebenen Zeitfensters.
Im Anschluss an die spannende Hunter´s Challenge wurde die Brandenburger Meute aus Niedersachen im Gestüt freudig empfangen. Master Hinrich Mönchmeyer schulte im korrekten Umgang mit 12 Brandenburger Bracken. Hundebegleiter (Equipage) und Jagdreiter konnte dabei etwa lernen, dass die whip (Hetzpeitsche) allein der Kommunikation mit den Hunden dient und dass die Tiere damit bei Ungehorsam allenfalls touchiert aber niemals geschlagen werden.
Den Höhepunkt des Lehrgangs bildete schließlich die Probejagd mit zwei springenden Feldern und einem nichtspringenden Feld. Master Bernd Schiel und Jagdherrin Nicole Dufft folgten gemeinsam mit 27 Jagdreitern Mönchmeyers Hunden und der Equipage über acht Kilometer und 17 Sprünge. Da Regen den Staub gebunden hatte, erfreuten sich alle an klarer Sicht und bestem Boden.
Die Bilanz: Lehrgangsziele erreicht, Pferde umfassend trainiert, Voraussetzungen fürs tiefenentspannte Jagdreiten kennengelernt. Nur die Hühner des Gestüts hatten Stress: das Bellen der Meutehunde trieb sie in die Flucht.
N. Bröcker